In der Klasse AL1 galt Angelino Zeller bereits vor der WM als Top-Favorit. Seit Sommer 2021 konnte er sämtliche Bewerbe für sich entscheiden, darunter zwei Weltmeisterschaften. Durch die Klassenzusammenlegung in Seoul erhielt der 29-jährige Steirer jedoch neue Konkurrenz. Im Finale spielte Zeller jedoch seine Klasse aus und sicherte sich mit 47+ Griffe seine insgesamt vierte WM-Goldmedaille in Folge.
Gemeinsamer Medaillenjubel
„Goldmedaillen werden nie selbstverständlich. Die größte Freude habe ich aber damit, dass ich meine Leistung gebracht habe. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich an der Wand richtig auspowern konnte. Die Favoritenrolle macht es nicht leichter, viele Leute erwarten mittlerweile Siege von mir – damit kann ich aber gut umgehen“, jubelt der Heeressportler.
Besonders groß war die Freude darüber, dass Trainingspartner Markus Pösendorfer (42+ Griffe) die Silbermedaille gewinnen konnte. „Das ist richtig cool, der Abstand wird auch immer knapper. Ich freue mich mit Markus mindestens genauso wie für mich selbst.“
Der 42-jährige Pösendorfer jubelte wie vor zwei Jahren in Bern über Silber. Er setzte sich vor dem Slowenen Matej Arh (42 Griffe) auf Rang zwei. „Dass Athlet:innen aus anderen Kategorien bei uns dabei waren, hat für zusätzliche Anspannung gesorgt. Genial, dass es wie in Bern Silber geworden ist“, freut sich der Steirer. Über Zeller sagt er augenzwinkernd: „Ich bin etwas von ihm enttäuscht, dass er nicht weiter geklettert ist und nur mit fünf Griffen Vorsprung gewonnen hat.“
WM-Silber als weiterer Meilenstein
Über ihre erste WM-Medaille durfte Linda Le Bon jubeln – zumindest im Para-Climbing. Die 61-jährige erreichte im Finale 37+ Griffe und jubelte hinter der US-Amerikanerin Seneida Biendarra (53 Griffe) über die Silbermedaille.
Dabei durchlebte Le Bon ein Wellenbad der Gefühle. Nach ihrem Abgang von der Wand zeigte sie sich bitter enttäuscht, lag jedoch bis zur letzten Athletin (Biendarra) auf Rang zwei. Ein Einspruch gegen das vorläufige Ergebnis der Deutschen Luisa Grube, die zunächst mit 38 Griffe gewertet wurde, sorgte für Silber statt Bronze. „An der Wand hatte ich das Gefühl, dass ich bei weitem nicht alles herausgeholt habe. Deswegen war ich im ersten Moment enttäuscht, ich dachte, es wird der vierte Platz“, meint Le Bon.
Erst mit etwas Abstand realisierte sie, was ihr gelungen ist. „Diese Silbermedaille glänzt besonders schön. Ich bin ja noch jung und habe einige Jahre vor mir. Die Ziele gehen mir jedenfalls nicht aus.“
Für Le Bon ist es ein weiterer Meilenstein. Die gebürtige Belgierin, die 2010 nach Österreich übersiedelte, bestieg als Ausbildnerin im belgischen Militär 16 Mal den Gipfel des Mont Blancs und den 8.201 m hohen Cho Oyu ohne künstlichen Sauerstoff. Nach ihrer Diagnose Makuladegeneration gewann sie für Belgien zwei WM-Silbermedaillen im Para-Ski und nahm an den Winter-Paralympics 2022 teil. Nach einer schweren Knieverletzung wechselte sie daraufhin zum Para-Climbing und feierte schnell Erfolge, bei der letzten WM vor zwei Jahren in Bern holte sie Rang vier. Inzwischen lebt sie mit Assistenzhund „Buddy“ in Rif bei Hallein.
„Angelino ist eine Ausnahmeerscheinung“
„Drei Medaillen an einem Tag ist sensationell. Wir arbeiten sehr professionell und versuchen, in Sachen Teamspirit viel zu machen. Alle drei haben sich die Medaillen mehr als verdient. Angelino ist einfach eine Klasse für sich und eine absolute Ausnahmeerscheinung“, sagt KVÖ-Nationalcoach Marco Lamprecht.
Die nächste Medaillenchance gibt es am Donnerstag. Jasmin Plank peilt nach ihrem ersten Platz in der Qualifikation Edelmetall an.