Medaillengewinner aus der „zweiten Reihe“

Mit dem souveränen Erfolg von Nicolai Uznik (SV St. Johann i.R./KNT) ging gestern Abend ein spannendes Boulder-Finale im Zuge der Staatsmeisterschaften im Kletterzentrum Innsbruck über die Bühne.

Neben schwierigen Bouldern, engen Entscheidungen gab es doch auch die eine oder andere Überraschung im Rennen um die begehrten Medaillen.

AUS DEM „RUHESTAND“ ZU ZWEI MEDAILLEN

Matthias Erber (ÖAV Wilder Kaiser/TIR) war zweifellos eine der Überraschungen der ersten beiden Titel-Entscheidungen. Im Speed musste er sich nur Rekordhalter Tobias Plangger (ÖAV Innsbruck/TIR) geschlagen geben, im Boulder erreichte er als Dritter ebenfalls das Podest.

Dabei trainiert der 22-jährige Tiroler seit geraumer Zeit nicht mehr für Wettkämpfe, sondern nur noch sporadisch. „Wenn man einmal auf einem hohen Niveau geklettert ist, findet man relativ schnell wieder zurück. Im Speed liegt auch viel an der Technik, wenn man dann noch spritzig ist und sich gut fühlt, kann man eine schnelle Zeit erreichen. Dass es gleich so gut läuft, hätte ich auch nicht erwartet“, so Erber, der im Boulder-Bewerb seine Erfahrung ausspielen konnte: „Ich habe relativ gut taktiert, mir Zeit gelassen und mir die Versuche gut eingeteilt. Unglaublich, dass es am Ende so gut aufgegangen ist.“

2015 kürte sich der Mann aus St. Johann in Tirol in Arco zum Junioren-Weltmeister. Mittlerweile hat er sich aus dem Wettkampf-Klettern zurückgezogen. Für die Staatsmeisterschaften kehrte Erber sozusagen aus dem „Ruhestand“ zurück. „Ich habe viele andere Interessen, sieben Mal in der Woche zu trainieren ist hart. Zudem studiere ich Rechtswissenschaften und will das gut fertigbringen. Dann kam noch die Coronavirus-Zwangspause dazu, da war es mir endgültig klar“, begründet er seine Entscheidung.

Neben dem Studium bleibt keine Zeit für professionelles Training auf allerhöchstem Niveau: „Ich trainiere zwei bis drei Mal in der Woche, meistens geht es sich eher nur zwei Mal aus. Ich fahre ins Kletterzentrum Innsbruck und mache das, worauf ich Lust habe. Nach dem Motto: Spaß statt Plan.“

Die Entscheidung, bei den Staatsmeisterschaften anzutreten, war aber ebenso goldrichtig. „Ich bin total überrascht, dass es so aufgegangen ist. Das ist jetzt eine riesengroße Motivation und lässt mich schon etwas nachdenklich werden.“ Ob ein Rücktritt vom Rücktritt im Raum steht? „Vielleicht versuche ich es ja noch einmal – sag niemals nie.“

LÄSSIGE BOULDER SORGEN FÜR EINE STARKE PERFORMANCE

Neben Matthias Erber kletterte mit Elias Weiler (OeAV Innsbruck/TIR) ein weiter Tiroler, der ebenfalls bei den Staatsmeisterschaften im Bouldern auf die Wettkampfbühne zurückkehrte, aufs Podest und gewann nach einem starken Wettkampf verdient die Silbermedaille. Logisch, dass die Laune beim 25-Jährigen mehr als gut war: „Es hat die letzten beiden Tage mega Spaß gemacht, auch wenn es am Anfang aufgrund der langen Zeit ohne Wettkämpfe ungewohnt und nicht unbedingt einfach war. Im Finale konnte ich den Bewerb und die Stimmung noch einmal voll genießen.“ 

Die vier „knackig geschraubten Boulder“ im Finale haben den Athleten alles abverlangt: „Es ist das Lässigste, wenn man jeden Boulder probieren kann und man sich nicht gleich komplett chancenlos fühlt. Großes Kompliment an das Routensetzerteam. Ich habe in diesem Bewerb jeden Boulder echt lässig gefunden, das wirkt sich dann auch auf die Gesamtleistung aus“, sparte der Silbermedaillengewinner nicht mit lobenden Worten.

Auch wenn Weiler und Erber nicht mehr dem National-Kader angehören ist es immer etwas Spezielles gegen langjährige Wegbegleiter anzutreten, sie zu fordern und auch an der Wand etwas zu ärgern. „Es macht richtig Spaß bei so einem Finale immer noch vorne mitmischen zu können. Wir pushen uns gegenseitig ans Limit. Viele von den anderen Kletterern sind gute Freunde von mir, das macht es dann noch einmal schöner“, blickte der 25-Jährige, der sich in letzter Zeit wieder mehr auf ein kraftlastiges Klettern fokussierte, auf einen intensiven Wettkampf zurück und gab abschließend noch einen kurzen Einblick in seinen körperlichen Zustand: „Die letzten Trainings haben mir sehr geholfen, auch wenn man zum Schluss im Finale gesehen hat, dass ich kraftmäßig nicht auf dem höchsten Niveau bin – das hab ich selbst auch in der Wand gespürt. Aber alle Anstrengungen haben sich heute definitiv ausgezahlt.“

SPASS ALS TÜRÖFFNER

Der dritte „Hobby-Kletterer“ im Final-Bunde, Andreas Aufschnaiter (OeAV Kitzbühel/TIR), sorgte bei den vorangegangenen Bewerben der Austrian Climbing Summer Series als Event-Fotograf für spektakuläre Bilder und kehrte trotz überschaubarer Vorbereitung in den Wettkampfmodus zurück: „Wenn man da oben steht und die Scheinwerfer sind im Finale auf dich gerichtet, ist das ein tolles Gefühl. In den vier Minuten muss man dann bei jedem Boulder einfach Vollgas geben, um seine beste Leistung abrufen zu können – das ist lässig und macht den Sport aus“, strahlte Aufschnaiter, der im Finale mit einer Zone beim letzten Boulder letztendlich Rang sechs belegte. 

Bei der Austria Climbing Summer Series war der 26-Jährige nicht startberechtigt, da die Wettkämpfe ausschließlich für Kaderathleten vorgesehen waren. So war die Freude über den „offenen Bewerb“ bei den Staatsmeisterschaften groß: „Es ist immer wieder schön, wenn man sieht, dass wir ambitionierte Hobby-Kletterer noch nicht weg vom Fenster sind und die Nationalteam-Athleten noch richtig fordern können.“ Bei Aufschnaiter merkte man schnell seine Lockerheit, und dass der Spaß im Vordergrund steht – das ist der Motor für sein Tun: „Seit ich nicht mehr richtig trainiere, geht es mir nur noch um den Spaß – das ist der wichtigste Aspekt für mich. So kann man jeden Boulder, jeden Zug noch einmal mehr genießen und man findet schnell seine Motivation.“ 

Der Tiroler, der auch im Speed am Start war und in der Vorbereitung mit Staatsmeister Tobias Plangger am idealen Speed-Start gearbeitet hatte, blickte auf einen ereignisreichen Tag zurück: „Drei Runden sind für einen Athleten, der nicht mehr voll im Training ist, stark an der Grenze. Maximalkraft und Kraftausdauer habe ich definitiv eingebüßt. Ich habe alles rausgeholt, was möglich war und bin mit dem sechsten Platz mehr als zufrieden.“ 

Am Ende blieb ein spektakulärer Boulder-Wettkampf mit einem verdienten Sieger (Nicolai Uznik) und zahlreichen mehr als zufriedenen Athleten!

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