Seit die ehemalige Speed-Athletin ihre Trainerinnenrolle übernommen hat, verfolgt sie ein klares Ziel: Speedklettern in Österreich breiter aufzustellen – und Linz ist einer der ersten Orte, an denen diese Vision Gestalt annimmt. „Ich bin nicht nur dafür zuständig, das bestehende Jugendnationalteam zu fördern“, berichtet Stöckler, „sondern auch, dass ich in ganz Österreich langfristig etwas aufbaue.“
Derzeit gibt es mit Innsbruck und St. Pölten nur zwei echte Speed-Stützpunkte. In Innsbruck ist dieser im Bundesleistungszentrum (BLZ) angesiedelt, in St. Pölten im Olympiazentrum. Für Stöckler ist das zu wenig. Sie ist überzeugt, dass gerade in jenen Bundesländern ohne genormte Speedwand enormes Potenzial schlummert. „Man braucht am Anfang nicht überall die Standard-Speedroute“, betont die Niederösterreicherin. „Gerade für Kinder reicht oft schon etwas Kreatives, um sie fürs Schnellklettern zu begeistern.“
Gerade St. Pölten habe sich dabei im vergangenen Jahr als besonders positives Beispiel hervorgetan: In enger Zusammenarbeit mit dem Landesverband Niederösterreich sei im Olympiazentrum etwas „richtig Cooles“ entstanden – ein Projekt, auf das alle Beteiligten mit Recht stolz seien.
So auch in Oberösterreich. Viele junge Athlet:innen haben bisher zwischen Linz und St. Pölten pendeln müssen. Mit der neuen Route gibt es erstmals eine qualitativ hochwertige Trainingsmöglichkeit direkt vor Ort. „Wenn jemand bislang wirklich professionell trainieren wollte, musste nach St. Pölten ausgewichen werden“, so die 26-Jährige.
Aufbauarbeit in ganz Österreich
Die Kletterhalle Linz habe sie „mit sehr offenen Händen empfangen“, erzählt sie. Eltern signalisierten sofort Interesse, Vereine ebenso. Nun stehen Workshops, Trainer:innenfortbildungen und Talente-Scouting auf der Agenda. Für Stöckler ist hier ein Anfang gemacht.Ihre Vision geht jedoch weit darüber hinaus. Sie spricht von Vorarlberg, von Kärnten, von Wien, Graz und Salzburg. Fast leidenschaftlich beschreibt sie, wie sie am liebsten „in allen Bundesländern gleichzeitig alles aufbauen“ möchte. Der Weg ist jedoch langfristig angelegt und muss Schritt für Schritt wachsen – und zum jeweiligen Rahmen passen.
Trotzdem glaubt sie fest an die Faszination des Speeds – gerade bei Kindern. „Es ist für sie das Natürlichste“, meint sie. „Ein Wettklettern an der Wand, die Zeit stoppen, schauen, ob man beim nächsten Mal schneller ist – das ist wie Fangenspielen in der Vertikalen.“ Für viele Nachwuchsathlet:innen sei das weit motivierender als jede komplexe Boulderlösung.
Ihr Alltag spiegelt ihre Doppelfunktion wider: Förderung der bestehenden Talente und parallele Aufbauarbeit im ganzen Land. In der Wettkampfsaison liegt der Fokus stärker auf den Athlet:innen des Jugendnationalteams; in der Off-Season bleibt Zeit für Projekte wie die Route in Linz. „Derzeit ist es ungefähr Hälfte-Hälfte“, sagt sie.
Neue Strukturen für die nächste Spitze
Die Entwicklung im österreichischen Speedklettern sieht Stöckler positiv. Die aktuellen Nachwuchserfolge seien nicht vom Himmel gefallen, sondern das Resultat langfristiger Arbeit. „Alex (Anm.: Elmer) hat extrem viel Vorarbeit geleistet. Ich habe darauf aufgebaut und will in diesem Bereich in Österreich etwas bewegen und für viel Nachwuchs sorgen.“ Stöckler möchte diesen Weg weiterführen, aber auch neue Akzente setzen.
Besonders deutlich wird das im Nachwuchs. Für Weltklasse brauche man eine gewisse Masse – und Trainingspartner:innen auf Augenhöhe. „Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, wenn man keine direkte Trainingspartnerin hat. Die Jungs waren nach zwei Griffen aus dem Sichtfeld verschwunden.“ Talente wie Johanna Nagl bräuchten Athletinnen, die ähnlich schnell sind, um wirklich internationale Spitze zu erreichen und sich Schritt für Schritt zu verbessern.
Die in Innsbruck lebende Niederösterreicherin wünscht sich, dass Speed im Kinder- und Vereinstraining häufiger eingesetzt wird – als Ergänzung zu Boulder und Lead. „Ich will keine zehnjährigen Spezialisierungen“, betont sie. „Aber Trainer:innen sollten verstehen, wie viel Schnellkraft ihnen Speed bringt.“ Dafür müsse nur eine gewisse Offenheit da sein – und die Bereitschaft, Athlet:innen einfach einmal „so schnell wie möglich eine Route klettern zu lassen“.
Für Stöckler selbst war der Übergang vom Athlet:innenleben ins Trainer:innen-Dasein überraschend. „Hättest du mich vor einem Jahr gefragt, hätte ich’s ausgeschlossen“, schmunzelt die 26-Jährige. In den anderthalb Jahren nach ihrem Rückzug aus dem Wettkampfgeschehen habe sich die Disziplin spürbar verändert: neue Betas, neue Zeiten, neue Trainingsmethoden. Auch der Blick auf die männlichen Athleten erforderte ein neu geschultes Auge. Heute fühlt sie sich in ihrer Rolle angekommen: „Mittlerweile habe ich ein gutes Auge dafür entwickelt. Es macht unfassbar viel Spaß.“

